Reaktion auf Outing und Missbrauch wichtiger Konzepte in der linken Szene

Reaktion auf Outing und Missbrauch wichtiger Konzepte in der linken Szene

Dieser Text stellt eine Reaktion auf das Outing vom 07.10.23 dar und soll den Horizont der Einordnung des Geschehens erweitern. Wir haben auch schon lange „die Schnauze voll“, und zwar von der missbräuchlichen Anwendung des Konzeptes der Definitionsmacht und der Praxis des Outings.

Sowohl das Konzept der Definitionsmacht als auch das Instrument des Outings sind machtvolle und wichtige Mittel, um Betroffene von (sexualisierter) Gewalt zu unterstützen und zukünftige Übergriffe durch Täter zu verhindern. Wer diese Konzepte missbraucht, um persönlichen Rachegelüsten Ausdruck zu verleihen und unverarbeitete Kränkungen zu kanalisieren, schadet den Konzepten und ihrer Glaubwürdigkeit immens und untergräbt das Anliegen, echte Alternativen zum bestehenden Gesellschaftssystem zu suchen und zu finden und Betroffenen von sexualisierter Gewalt wirklich zu unterstützen.

Unsere konkrete Kritik an dem oben genannten Outing ist, dass es durch eine Person angestoßen wurde, die sich selber wiederholt übergriffig verhalten hat und in der Vergangenheit in dem genannten Hausprojekt aktiven und massiven Täterschutz mit manipulativer Gewaltverharmlosung betrieben hat. Nachdem sie damit konfrontiert wurde, reagierte sie mit Vorwürfen und Anschuldigen, zeigte weder Einsicht noch Interesse an den Betroffenen ihrer Übergriffe und hat scheinbar bis heute nichts reflektiert und verstanden.
Ein weiteres Unding ist, dass sich die Person erhebt, die Definitionsmacht an sich zu reißen, ohne sich für die Perspektive der eigentlich von der Gewalt betroffenen Person zu interessieren; dass es nicht einmal den Versuch gab diese einzubeziehen ist respektlos und ekelerregend paternalistisch. Mit solidarischem Feminismus hat dieses Verhalten rein gar nichts zu tun, es entspricht eher einem egoistischen Missbrauch von feministischen Konzepten. Zudem enthält das Outing Lügen und verschweigt die eigene Verwicklung in Prozesse, die darin kritisiert werden.

Vor diesem Hintergrund ist das veröffentlichte Outing nur schwer zu ertragen, es trieft vor Scheinheiligkeit und scheint vorrangig persönlichen Rachefeldzügen zu dienen. Es schadet den Anliegen eines ernstgemeinten Feminismus.
Uns ist kein geeigneter Umgang damit bekannt, daher veröffentlichen wir diesen Text hier. Wir wollen ausdrücklich nicht noch mehr Schaden anrichten, können das Geschehen aber auch unmöglich so stehen lassen.
Wir wünschen uns von dem Umfeld des Täters Transparenz über die Prozesse, wir sprechen hier ausdrücklich nicht für oder aus dem genannten Hausprojekt.
Wir fordern die Herausgeber*innen des Outings auf, sich zu reflektieren und dabei gegebenenfalls Hilfe von kritischen Außenstehenden einzuholen, sowie sich mit dem eigenen übergriffigen und täterschützenden Verhalten auseinanderzusetzen. Wir fordern die Unterstützer*innen innerhalb dieses Kreises auf, ihr pseudofeministisches buddysupport-Verhalten einzustellen und zu hinterfragen, für welche Werte sie eigentlich einstehen wollen. Kritik hört nicht in Freund*innenschaften auf!

Wir verzichten an dieser Stelle auf markige Parolen unter unserem Text die traurigerweise immer wieder als hohle Phrasen herhalten müssen.